Vakuumkanalisation: Was für Besonderheiten hat sie und was gilt es deshalb zu beachten?

Jedes Jahr findet sich in der Waldsiedlung ein Schreiben zur „Wartung der Vakuumentwässerungsanlage“ in den Briefkästen. Die meisten wissen darüber vermutlich Bescheid, da es aber tatsächlich auf jeden Einzelnen ankommt hier mal zum Nachlesen die Hintergründe dazu:

Für „Lesefaule“ das Wichtigste am Anfang: Unbedingt beachten!

  • Der Revisionsschacht („grüner Deckel“) muss jederzeit (!) für Mitarbeiter der Kläranlage oder Wartungsfirmen zugänglich sein.
  • Die Vakuumkanalisation ist nur zur Aufnahme von Schmutzwasser ausgelegt. Niederschlags- oder Dränagenwasser darf nicht zugeführt werden.
  • Feuchte Reinigungstücher, die sich im Gegensatz zu normalem Toilettenpapier nicht im Abwasser zersetzen, dürfen nicht über die Toilette entsorgt werden.

Funktionsweise & Auslegung – Grund für die Vorschriften

Das Abwasser fließt auf dem eigenen Gründstück mit natürlichem Gefälle bis zu einem Übergabe- bzw. „Revisionsschacht“. Dort befindet sich ein Ventil, was nach Volllaufen öffnet und das Abwasser in ein Rohr mit einem Vakuum unter der Straße hineinzieht.

Die Vakuumkanalisation ist insgesamt darauf ausgelegt, dass unbehandeltes (Regen, Dränage, …) Wasser nicht eingeleitet wird, sondern auf den Grundstücken zur Versickerung kommt. Deshalb darf prinzipiell nur Schmutzwasser eingeleitet werden.
An einem Anschluss können maximal 60 Liter pro Minute aufgenommen und entsorgt werden. Bei denkbaren kurzfristig höheren Schmutzwassermengen sollte man diesen Flaschenhals im Hinterkopf behalten, der sich je nach Länge der Gefälleleitung zum Übergabeschacht erst mit Verzögerung bemerkbar machen kann.

Das Vakuum wird am Westende des 1. Maxfeldweges in einer „Vakuumstation“ durch vier Pumpen erzeugt. Von dort fließt das Abwasser dann mit natürlichem Gefälle Richtung Dorf. Besagte Reinigungstücher haben in der Vergangenheit mehrfach zu Verstopfung und damit Ausfall geführt.

Ich habe die Wartungsfirma (Roediger bzw. Aqseptence Group) gegoogelt und verweise noch weiter Interessierte auf deren Website. Zwar werbelastig, aber man kann sich ein Bild machen.
Kanalisationskonzept: https://www.aqseptence.com/app/de/products/roediger-vacuum-sewer-system.
Vakuumstation: https://www.aqseptence.com/app/de/products/roediger-vacuum-station.

Weitere Hinweise von Mitarbeitern der Kläranlage

Nicht vorenthalten möchte ich was ich bei Telefonaten über Schilderungen der Kläranlagenmitarbeiter an Praxistipps und Hinweisen jenseits der Inhalte von Postwurfsendungen und Infomaterial erfahren habe.

Verräterisches Zischen

Das Öffnen des Ventils im Revisionsschacht und Ansaugen des Abwassers kann man deutlich hören. Solange das nur hin und wieder oder z. B. beim Ablassen der Badewanne nur in Intervallen passiert ist alles in Ordnung.
Ein dauerhaft geöffnetes Ventil hat zur Folge, dass andere Übergabeschächte weniger bzw. im schlimmsten Fall gar keine Saugleistung mehr haben und das Abwasser darin stehen bleibt.

Mitunter hängt auch ein Ventil und es wird permanent Luft in die Kanalisation angesaugt. Die Wirkung ist identisch wie bei einer Überlastung.
Immerhin ist dieses permanente Zischen eines hängenden oder defekten Ventils hilfreich bei der Fehlersuche. Hört man es selber kann man die Kläranlageenmitarbeiter unter 06324 – 76435 informieren. Sind diese von sich aus auf Suche nach einer Störung können sie im besten Fall von der Straße aus das Problem per Gehör ausfindig machen.
Zumindest zur Beachtung wenn jemand ohnehin Änderungen plant oder neu baut möchte ich weitergeben, dass dieses hilfreiche „Problemzischen“ mitunter wegen Umbauung oder hinter einer Mauer nur noch schlecht oder gar nicht mehr hörbar ist.

Zugang von Mitarbeitern der Kläranlage

Eine Fehlerbehebung ist natürlich nur möglich, wenn der Mitarbeiter das Problem nicht nur ausfindig machen, sondern auch tatsächlich den Revisionsschacht erreichen, öffnen und dort beseitigen kann.

  • Abgeschlossene Tore bzw. unüberwindliche Zäune und Mauern müssen sich deshalb zwangsläufig von der Straße betrachtet hinter dem Übergabeschacht befinden.
  • Schwere Blumenkästen oder Metallabdeckungen auf einer Ummauerung des Übergabeschachtes haben dort nichts verloren.
  • Möglichst vermeiden: Freilaufende Hunde allein zu Haus bewachen das Grundstück, aber sofern hinter dem Zaun eben auch den Revisonsschacht.

Relativ unproblematisch ist sowas , wenn geklingelt werden, tatsächlich jemand zu Hause ist und Abhilfe geschaffen werden kann. Das ist aber spätestens wenn alle Arbeiten oder zur Schule bzw. im Urlaub sind eben nicht der Fall.

Nochmal zusammengefasst:

  • Im optimalen Fall kann man den Deckel des Übergabeschachts von der Straße aus sehen und ein permanent geöffnetes Ventil hören. In jedem Fall muss ein Kläranlagen-Mitarbeiter auch ohne dass aufgeschlossen werden im Not- bzw. Fehlerfall jederzeit dorthin gelangen können!
  • Nur Schmutzwasser einleiten! Keine Feuchttücher das Klo runterspülen!

Wir hängen hier buchstäblich alle am selben Rohr, in dem ständig Unterdruck herrschen muss, damit unser Abwasser verlässlich abtransportiert wird. Ich appelliere an und danke für die Solidarität, sich an die Hinweise im Beitrag zu halten.

(Autor: Tobias Fritsch)